Empfehlungen

Komorbiditäten

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Der Konsum von Alkohol kann zahlreiche somatische und psychische Folgeerkrankungen (mit-)verursachen. Art und Ausprägung können von Person zu Person sehr stark differieren. Neben der Diagnose der Alkoholkonsumstörung ist deshalb eine Erfassung komorbider somatische psychischer Erkrankungen wichtig. Hier finden Sie Empfehlungen zur Versorgung von Menschen mit einer Alkoholkonsumstörung und einer somatischen oder psychischen Komorbidität

Empfehlungen zur Behandlung von somatischen Komplikationen und Komorbiditäten

Körperliche Erkrankungen und alkoholbezogene Störungen

Bei PatientInnen mit alkoholassoziierten somatischen Folgeerkrankungen sollte eine diagnostische Abklärung möglicher weiterer alkoholassoziierter Folgeerkrankungen durchgeführt werden.

B

Screening bei Lebererkrankungen

PatientInnen, bei denen eine Lebererkrankung festgestellt wird, sollen auf eine alkoholbezogene Störung untersucht werden.

KKP

Alkoholbedingte Lebererkrankung und Abstinenz

Beim Auftreten einer alkoholbedingten Lebererkrankung soll Alkoholabstinenz angestrebt werden.

A

Früherkennung von Leberkrankheiten bei alkoholbezogenen Störungen

Für die Früherkennung von Lebererkrankungen bei alkoholbezogenen Störungen sollen Klinik, Labor, Elastographie und Ultraschalluntersuchung gemeinsam herangezogen werden.

KKP

Diagnostik bei alkoholbedingten Lebererkrankungen

Ausmaß und ggf. Fortschreiten einer Fibrose soll primär mittels non-invasiver Methoden (Elastographie) untersucht werden; in besonderen Fällen mittels Leberbiopsie.

A

Steatohepatitis

Bei einer klinischen oder laborchemischen Verschlechterung bei PatientInnen mit einer alkoholbedingten Lebererkrankung soll auch eine alkoholische Hepatitis in Erwägung gezogen werden.

KKP

Alkoholinduzierte akute Pankreatitis

Bei einer alkoholinduzierten Pankreatitis soll nicht nur die Entzündung des Organs mit ihren Komplikationen behandelt werden, sondern auch die zugrundeliegende alkoholbezogene Störung.

KKP

Alkoholkonsum bei chronischer Pankreatitis

Alkoholkonsum soll bei chronischer Pankreatitis grundsätzlich gemieden werden.

A

Screening bei Polyneuropathien

PatientInnen, bei denen eine periphere Polyneuropathie diagnostiziert wird, sollten daraufhin untersucht werden, ob eine alkoholbezogene Störung vorliegt.

KKP

Alkoholassoziierte Polyneuropathie und Abstinenz

Beim Auftreten einer alkoholassoziierten Polyneuropathie soll Alkoholabstinenz angestrebt werden

A

Früherkennung von alkoholassoziierten Polyneuropathien

Für die Früherkennung von alkoholassoziierten Polyneuropathien sollen Klinik und Labor gemeinsam herangezogen werden.

KKP

Gabe von B Vitaminen bei alkoholassoziierter Polyneuropathie

Bei einem nachgewiesenen Mangel an B Vitaminen sollte die Substitution des jeweiligen B- Vitamins (unter Berücksichtigung einer möglichen dosisabhängigen Neurotoxizität von Vitamin B6 bei einer langfristigen Gabe von ≥50mg/d) durchgeführt werden.

B

Empfehlungen zur Behandlung von psychischen Komorbiditäten

Diagnostik bei Patienten mit psychischen Störungen

Der AUDIT (Alcohol Use Disorder Identification Test)* soll zum Screening auf alkoholbezogene Störungen bei psychischen Störungen eingesetzt werden.

A

Intensität der Intervention bei Alkoholabhängigkeit und komorbiden psychischen Erkrankungen

Eine intensivere Intervention sollte bei Personen mit komorbiden psychischen Störungen vorgesehen werden, da die Betroffenen üblicherweise schwerer gesundheitlich betroffen sind und eine ungünstigere Prognose aufweisen, als Personen mit einer einzelnen Erkrankung.

B

Behandlungssetting bei psychischen Störungen und Alkoholabhängigkeit

Patienten mit komorbiden psychischen Erkrankungen und alkoholbezogenen Störungen kann eine stationäre Behandlung für beide Störungsbilder angeboten werden.

KKP

Integrierte/Gleichzeitige Therapie bei Depression und alkoholbezogenen Störungen

Bei Patienten mit Alkoholabhängigkeit und einer komorbiden Störung sollte die Behandlung für die beiden Störungen integriert in einem Setting bzw. durch ein Therapeutenteam erfolgen. Wenn das nicht möglich ist, sollte eine Koordination der Behandlung, z.B. durch Case Management, gewährleistet sein.

KKP

Leitliniengerechte Behandlung von Schizophrenie bei Alkoholkonsumstörung

Bei PatientInnen mit Alkoholkonsumstörungen und Psychose soll eine leitliniengerechte psychotherapeutische/psychosoziale Behandlung für beide Störungen angeboten werden.

A

MI und KVT zur Behandlung von Schizophrenie bei Alkoholkonsumstörung

Bei PatientInnen mit alkoholbezogenen Störungen und Psychose sollen motivationale Interventionen allein oder in Kombination mit KVT angeboten werden.

A

Leitliniengerechte Pharmakotherapie zur Behandlung von Schizophrenie bei Alkoholkonsumstörung

Bei PatientInnen mit alkoholbezogenen Störungen und einer Schizophrenie sollen die Psychotherapie bzw. psychosoziale Behandlung mit einer leitliniengerechten Pharmakotherapie kombiniert werden.

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KKP

Medikamentöse antipsychotische Behandlung von Schizophrenie bei Alkoholkonsumstörung

PatientInnen mit alkoholbezogenen Störungen und Schizophrenie sollen leitliniengerecht medikamentös antipsychotisch behandelt werden. Präferentiell sollten Präparate mit möglichst wenig anticholinergen und extrapyramidal-motorischen Nebenwirkungen in dieser PatientInnengruppe zur Anwendung kommen.

A

Gleichzeitige medikamentöse Behandlung von Schizophrenie und Alkoholkonsumstörung

Bei PatientInnen mit Alkoholkonsumerkrankungen und Psychose sollten die medikamentösen Behandlungsmöglichkeiten für die Suchtkomponente in Kombination mit der antipsychotischen Medikation angeboten werden.

KKP

Naltrexon zur Behandlung der Alkoholkonsumstörung bei komorbider Schizophrenie

Bei einer komorbiden schizophrenen Psychose sollte unter den medikamentösen Möglichkeiten für die Rückfallprophylaxe der alkohlbezogenen Störung Naltrexon der Vorzug gegeben werden.

KKP

Diagnostik von Depression bei alkoholbezogenen Störungen

Die Diagnose komorbider psychischer Störungen (Depressionen) sollen bei Personen mit einer Alkoholabhängigkeit frühestens nach dem Abklingen von Intoxikations- oder Entzugssymptomen gestellt und auf ihre Behandlungsindikation überprüft werden. Für die Behandlungsindikation kann die Unterscheidung zwischen unabhängiger und induzierter Depression hilfreich sein.

A

Psychotherapie bei alkoholbezogenen Störungen und Depression

Kognitive Verhaltenstherapie und motivationale Gesprächsführung sollen als Behandlungs- verfahren bei Personen mit komorbiden psychischen Störungen (Depressionen) zur Besserung des Trinkverhaltens und der depressiven Symptomatik angeboten werden. Zu anderen Psychotherapieverfahren ist die Datenlage unklar.

A

Antidepressiva bei Depression und alkoholbezogenen Störungen

Antidepressiva sollen PatientInnen bei Vorliegen einer mittelschweren bis schweren Depression und alkoholbezogenen Störungen zur Besserung der depressiven Symptomatik angeboten werden.

A

SSRI bei Depression und alkoholbezogenen Störungen

Selektive Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer sollen bei komorbiden Personen nicht als alleinige Therapie zur Reduktion des Alkoholkonsums eingesetzt werden.

A

Kombination von Psycho- und Pharmakotherapie bei Depression und alkoholbezogenen Störungen

Die Kombination von kognitiver Verhaltenstherapie mit einem Antidepressivum sollte bei der Behandlung komorbider alkoholbezogenen Störungen und bei Vorliegen einer mittelschweren bis schweren Depressionen angeboten werden.

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B

Unzureichende Wirkung von Einzeltherapien bei Depression und alkoholbezogenen Störungen

Bei unzureichender Wirkung einzelner Psycho- und Pharmako-Therapieverfahren können KVT, SSRI und Naltrexon kombiniert werden (Depression und Alkoholabhängigkeit).

KKP

Digitale Interventionen bei komorbiden Depressionen

Qualitätsgesicherte digitale Interventionen können ergänzend im Rahmen eines Gesamtbehandlungsplanes zur Behandlung der komorbiden Depression und der alkoholbezogenen Störung angeboten werden.

B

Leitliniengetreue medikamentöse Behandlung bipolarer Erkrankungen

Vor Beginn einer Psychotherapie/ suchtspezifischen Therapie soll bei PatientInnen mit medikamentenbezogenen Störungen und komorbider bipolarer Erkrankung eine Stabilisierung der affektiven Symptome gemäß der S3-Leitlinie „Diagnostik und Therapiebipolarer Störungen“ erfolgen.

KKP

Psychotherapie bei Bipolaren Störungen und alkoholbezogenen Störungen

Die kognitive Verhaltenstherapie kann als zusätzliches Verfahren zu phasenprophylaktischer Medikation zur Besserung von affektiven Symptomen und Trinkverhalten bei komorbiden PatientInnen (bipolare Erkrankung und alkoholbezogenen Störungen) angeboten werden.

B

Medikamentöse Therapie bei Bipolaren Störung und Alkoholabhängigkeit

Eine zusätzliche Medikation mit Valproat (bei Lithiumtherapie) kann bei komorbiden PatientInnen (Alkoholabhängigkeit und bipolare Störung) angeboten werden, um Abstinenzchancen zu bessern oder bei Nichterreichen das Konsumverhalten zu verbessern (unter Beachtung der Kontraindikation bei Frauen im gebährfähigen Alter).

B

Psychotherapeutische Verfahren bei Angststörungen

Zur Reduktion von Symptomen der Angststörung sollen betroffene PatientInnen mit störungs- spezifischen KVT-Ansätzen behandelt werden.

A

Komorbidität PTBS – alkoholbezogene Störung: Gleichzeitige Behandlung

PatientInnen mit alkoholbezogenen Störungen und komorbider PTBS sollte eine integrierte psychotherapeutische Behandlung angeboten werden, die sowohl PTBS-, als auch alkoholbezogene Interventionen beinhaltet.

KKP

Komorbidität PTBS – alkoholbezogene Störung: PTBS-spezifische KVT-Ansätze

Zur Reduktion von PTBS-Symptomen sollen PatientInnen mit alkoholbezogenen Störungen, die diese Komorbidität aufweisen, mit PTBS-spezifischen KVT-Ansätzen behandelt werden.

A

Komorbidität PTBS – alkoholbezogene Störung: Nicht-traumafokussierte integrative KVT- Programme

Nicht-traumafokussierte integrative KVT-Programme zur Behandlung von PTBS und alkoholbezogenen Störungen sollen angeboten werden.

A

Komorbidität PTBS – alkoholbezogene Störung: Traumafokussierte Interventionen

Traumafokussierte Interventionen sollen angeboten werden, wenn in Bezug auf fortgesetzten Alkoholkonsum eine ausreichende Verhaltenskontrolle besteht oder Abstinenz erreicht wurde.

A

Screening auf ADHS bei alkoholbezogener Störung

Bei erwachsenen PatientInnen mit alkoholbezogener Störung sollte ein Screening auf ADHS durchgeführt werden. Ein positives Screening-Ergebnis bedeutet nicht, dass eine ADHS- Diagnose vorliegt. Ein positives Screening-Ergebnis (oder ein klinischer Verdacht) bedürfen weiterer diagnostischer Abklärung.

B

Diagnose der ADHS bei alkoholbezogener Störung

Die Diagnostik einer ADHS kann vor Erreichen der Abstinenz begonnen werden (insb. Fremdanam-nesen und Kindheitsanamnese).

Die endgültige Diagnose (nach ICD, unter Berücksichtigung der Kriterien für Erwachsene nach DSM) sollte nach Abschluss der (medikamentösen) Entzugsbehandlung gestellt werden.

KKP

Behandlung der ADHS bei alkoholbezogener Störung: Grundlagen

Die Behandlung der ADHS soll zusätzlich zu einer psycho- und/ oder pharmako- therapeutischen Behandlung der alkoholbezogenen Störung (sowie der ggf. weiteren psychischen Störungen) erfolgen.

KKP

Behandlung der ADHS bei alkoholbezogener Störung: Medikation

Wenn die Entscheidung für eine medikamentöse Behandlung gefallen ist, soll der Behandler unter Beachtung der jeweiligen Kontraindikationen bei PatientInnen mit ADHS und alkoholbezogener Störung langwirksame Stimulanzien oder alternativ Atomoxetin oder Guanfacin wählen.

A

Behandlung der ADHS bei alkoholbezogener Störung: Qualifikation zur medikamentösen Behandlung

Die medikamentöse Behandlung der ADHS soll durch einen Spezialisten mit Kenntnissen in der Behandlung von ADHS und Sucht erfolgen.

KKP

Nebenwirkungen der medikamentösen Behandlung der ADHS bei alkoholbezogener Störung

Aufgrund von möglichen Nebenwirkungen sollen kardiale Vorerkrankungen sowie familiäre Belastungen für kardiovaskuläre Erkrankungen beachtet werden.

KKP

Screening und Diagnostik von Persönlichkeitsstörungen

Bei PatientInnen mit alkoholbezogenen Störungen sollte bei Hinweisen auf eine Persönlichkeits-störung die Diagnose systematisch abgeklärt werden. Dazu wird ein Screening mit einem Persönlichkeits-Screeningfragebogen durchgeführt. Bei positivem Screening sollte die Diagnostik einer Persönlichkeitsstörung mit einem entsprechenden strukturierten klinischen Interview erfolgen.

KKP

Behandlung Komorbidität Persönlichkeitsstörung – alkoholbezogene Störung

Bei PatientInnen mit alkoholbezogenen Störungen und Persönlichkeitsstörung soll eine leitliniengerechte psychotherapeutische/ psychosoziale Behandlung für beide Störungen angeboten werden.

KKP

Komorbidität Persönlichkeitsstörung – alkoholbezogene Störung: Psychotherapeutische Behandlung

Bei PatientInnen mit alkoholbezogenen Störungen und Persönlichkeitsstörung sollen motivationale Interventionen in Kombination mit evidenzbasierten störungsspezifischen Psychotherapien für (Borderline-)Persönlichkeitsstörungen (DBT, Schematherapie, TFP, MBT) angeboten werden.

A

Komorbidität Persönlichkeitsstörung – alkoholbezogene Störung: Pharmakologische Behandlung

Bei PatientInnen mit alkoholbezogenen Störungen und einer Persönlichkeitsstörung kann die Psychotherapie mit einer leitliniengerechten Pharmakotherapie kombiniert werden.

KKP

Komorbidität Persönlichkeitsstörung – alkoholbezogene Störung: Kombinierte Behandlung

Bei PatientInnen mit alkoholbezogenen Störungen und Persönlichkeitsstörung können die pharmakologischen Behandlungsmöglichkeiten für die Suchtkomponente in Kombination mit der psychotherapeutischen Behandlung angeboten werden.

KKP

Komorbidität Persönlichkeitsstörung – alkoholbezogene Störung: Integriertes Behandlungsangebot

Bei PatientInnen mit alkoholbezogenen Störungen und einer Persönlichkeitsstörung sollte die Behandlung für die beiden Störungen integriert in einem Therapieangebot und in einem Setting erfolgen.

KKP

Komorbidität Tabakabhängigkeit

PatientInnen mit alkoholbezogenen Störungen und einem gleichzeitig bestehenden Tabakkonsum soll eine Beratung und Unterstützung zum Rauchstopp angeboten werden.

KKP

Therapie der Tabakabhängigkeit bei alkoholabhängigen PatientInnen

PatientInnen mit alkoholbezogenen Störungen und einem gleichzeitig bestehenden Tabakkonsum sollen zur Unterstützung des Rauchstopps die gleichen therapeutischen Interventionen angeboten werden wie rauchenden Personen ohne alkoholbezogene Störungen.

A

Zeitpunkt der Tabakentwöhnung

Der Behandlungszeitpunkt zur Unterstützung des Rauchstopps sollte bei PatientInnen mit alkohol-bezogenen Störungen unter Berücksichtigung des Verlaufs der Alkoholtherapie individuell mit dem Patienten/ der Patientin abgestimmt werden. (LoE: 1b)

B

Alkohol- und illegaler Drogenkonsum

Personen mit einer alkoholbezogenen Störung und einer komorbiden Substanzkonsumstörung soll ein Therapieangebot zur integrierten Behandlung beider Beschwerdebilder gemacht werden.

O